Archive News

Unerwünschte Ereignisse

Lösungen für Patientensicherheit sollen bis zu 70 Prozent unerwünschte Ereignisse verhindern. Medikationssicherheit, Antibiotikaresistenz, Diagnosefehler, Dekubitus, Blutvergiftung etc. werden die vermeidbare Kostenbelastung in der Gesundheit auf 383,7 Milliarden US-Dollar bis 2022 ansteigen lassen, ermittelte Frost & Sullivan

Eine aktuelle Frost & Sullivan Studie „Patient Safety in Healthcare, Forecast to 2022“ untersucht die 30 wichtigsten unerwünschten Ereignisse in Bezug auf die Sicherheit von Patienten, Pflegekräften und Gesundheitsorganisationen auf der Welt. Zusammengefasst ergaben solche unerwünschten Ereignisse geschätzte 91,8 Millionen Patientenaufnahmen in den USA und Westeuropa, die in ca. 1,95 Millionen Todesfällen bei einer durchschnittlichen Sterblichkeit von 2,1 Prozent und einer signifikant höheren Mortalität resultierten. Die Studie untersucht zudem innovative und vielversprechende Lösungen, zukünftiges Marktpotenzial, die Konvergenz neuer Technologien, die wichtigsten Marktteilnehmer, die Wettbewerbslandschaft sowie Investitionstendenzen.

In den nächsten vier Jahren werden unerwünschte Ereignisse bei der Patientensicherheit, wie etwa therapieassoziierte Infektionen, Blutvergiftung, Medikationssicherheit, Dekubitus, Diagnosefehler, Antibiotikaresistenz sowie Nichteinhaltung von Handhygienevorschriften eine geschätzte Kostenbelastung von 383,7 Milliarden US-Dollar verursachen. Während einige der genannten Vorkommnisse, beispielsweise die Medikationssicherheit und der Verstoß gegen die Handhygienevorschriften, verhältnismäßig leicht mit Hilfe aktueller Branchenlösungen behoben werden können, stellen wenig berücksichtigte Bereiche wie die Antibiotikaresistenz, Dekubitus, Blutvergiftung und die unnötige Belegung der Notaufnahme vielversprechende Wachstumsmöglichkeiten für die Zukunft in Aussicht. Weitere Trends, die das Wachstum im Markt für Patientensicherheit anfachen werden, umfassen:

eine Bewegung in Richtung werte- und qualitätsorientierter Vergütungsmodelle,

• Fortschritte bei medizinischen, chirurgischen und Patientenversorgungstechnologien,

• die Integration von medizinisch-technischen und digitalen Gesundheitstechnologien, wie etwa Data Analytics, Fernüberwachung und -kontrolle,

• Dateninteroperabilität und eine erweiterte Nutzung von Predictive Analytics zur Verbesserung des Ergebnisses  sowie

• die aufkommende Nutzung neuer Technologien wie Blockchain, künstliche Intelligenz und Wearables, die den Verstoß gegen die Patientensicherheit minimieren.

„Bis zu 17 Prozent aller Krankenhauseinweisungen sind von einem oder mehr unerwünschten Zwischenfällen betroffen und ca. 15 Prozent der Krankenhausausgaben werden darauf verwendet, diese zu unterbinden. Die Tatsache, dass 30 bis 70 Prozent davon potenziell vermeidbar wären, macht es dringend erforderlich, diese von Anfang an zu verhindern,” sagt Anuj Agarwal, Transformational Healthcare Senior Research Analyst bei Frost & Sullivan. „Um Wachstumschancen wahrzunehmen, sollten Leistungserbringer und Marktteilnehmer ihre Leistungsversprechen bei der Patientensicherheit hinsichtlich der wenig durchdrungenen Bereiche mit Störpotenzialen wie Antibiotikaresistenz, Cybersicherheit, vermeidbare Einweisung in die Notaufnahme, Dekubitus und Blutvergiftung ins Visier nehmen.”
Für die nächsten vier Jahre prognostiziert Frost & Sullivan die folgenden Entwicklungen:

• der Übergang der Patientensicherheit von einem untergeordneten hin zu einem wesentlichen Leistungsversprechen für Pflegeanbieter,

• Hohe Annahme von Patienten- und Asset Tracking sowie Identifikationstechnologien,

• eine zunehmende Konsolidierung in der Industrie mit großen medizinisch-technischen Unternehmen, die gezielte Lösungen für wichtige, bisher ungedeckte Bereiche bereitstellen

• hohe Nutzung von telemedizinischen Technologien, wie das Internet der medizinischen Dinge (IoMT) in Verbindung mit zunehmendem Gesundheitsdatenaustausch, der zu einem disproportionalen Anstieg von Cybersicherheitsrisiken führen wird. Der Schutz gesundheitlicher Daten (engl. protected health information (PHI) sowie auch der Datenschutz in der Medizintechnik bzw. bei medizinischen Implantaten wird dadurch beeinträchtigt und

• Kooperationen zur Entwicklung von Leitliniendokumenten und strategischen Konzepten für Best Practices zur Risikominderung.

„Fehlende Klarheit in Hinblick auf verfügbare Geschäftsmodelle, fragmentierte und isolierte Lösungen von Anbietern, die spezifische Probleme in einem bestimmten Segment angehen, und die Uneinigkeit in Bezug auf perfekte Lösungen in der Patientensicherheit sowie Implementierungskosten gehören zu den größten Hürden, die der Markt derzeit bewältigen muss,” schließt Agarwal.

Weitere kostenfreie, englischsprachige Informationen zu dieser Studie finden Sie hier: https://goo.gl/XfCHN3

Die Studie Patient Safety in Healthcare, Forecast to 2022 ist Teil des Frost & Sullivan Transformational Health Growth Partnership Service Programms.

https://ww2.frost.com

_______________________________

Kampf dem Krebs – März 2015

Weltweit erstes Verfahren zur kontinuierlichen Reinigung wertvollster Therapeutika

Stellen Sie sich vor, eine liebe Angehörige hätte Krebs. Und Sie könnten sich keine Therapie leisten, weil die Medikamente zu teuer sind. Das Austrian Centre of Industrial Biotechnology (acib) hat eine Technologie entwickelt, welche die Produktionskosten von hochwertigen Therapeutika maßgeblich senken kann.

Ohne Antikörper wären wir Krankheitserregern und Krebszellen hilflos ausgeliefert. Therapeutische Antikörper kommen als Impfstoffe, bei der Krebstherapie oder zur Bekämpfung von Autoimmunkrankheiten wie Multipler Sklerose zum Einsatz. Laut „bccresearch.com“ machte der globale Markt für Antikörper-Medikamente 2014 fast 70 Mrd. USD aus und soll bis 2019 auf 122 Milliarden US-Dollar pro Jahr wachsen. Gut zwei Drittel dieser Moleküle werden biotechnologisch mit Hilfe der Eizellen des chinesischen Hamsters (CHO) produziert. Der größte Kostenfaktor für die Industrie ist die Reinigung mit der „Protein A“ Affinitätschromatographie, mit deren Hilfe Zehntausende Liter Kulturvolumen pro Jahr verarbeitet werden. Gut 80% der Produktionskosten entfallen auf die Produktreinigung.

Seit den 1980er-Jahren sucht die Industrie nach günstigeren, kontinuierlichen Reinigungsverfahren. Forschern des Austrian Centre of Industrial Biotechnology (acib) und der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU) ist nun ein Durchbruch gelungen. Sie haben das weltweit erste kontinuierliche Reinigungsverfahren für rekombinante Antikörper aus CHO-Kulturen entwickelt. Technisch betrachtet kombiniert das Reinigungsverfahren eine Calcium-Phosphate Flockung mit einer Ethanolpräzipitation, die in einem Rohrreaktor samt  Wärmetauscher im Gegenstrom betrieben werden.

Testläufe mit Immunglobulin G (IgG) haben gezeigt, dass das kontinuierliche Verfahren mit der herkömmlichen Chromatographie bei der Ausbeute mithalten und diese in Sachen Betriebsgeschwindigkeit deutlich übertreffen kann. Damit wird es möglich, die  Produktionskosten für wichtige Therapeutika massiv zu senken.

Ein großer Vorteil der Methode ist die einfache Übertragbarkeit der Betriebsparameter vom der aktuellen Verfahren. Kombiniert mit einem vorgelagerten Konzentrationsschritt ist die neue Methode auch ideal für die Reinigung bei niedrigen Produktausbeuten. „Unsere Methode hat ein großes Potenzial als neue Plattform-Technologie für die Pharmaindustrie“, sagt Projektleiter Prof. Alois Jungbauer, der mit mehreren internationalen Firmen über den Bau von Pilotanlagen verhandelt.

Das acib verfügt über viel Erfahrung in CHO-Technologien, hat unlängst das Referenzgenom des chinesischen Hamsters sequenziert und teilt das Wissen auf www.chogenome.org. Eben hat das Forschungszentrum eine internationale, akademische Ausbildungsinitiative rund um biotechnologische Nutzung von CHO-Zellen gestartet.

Die Methode wurde eben im Biotechnology Journal veröffentlicht:

http://goo.gl/KYvWLD

Dazu gibt es im Biotechnology Journal einen Kommentar über die neue Methode:

http://goo.gl/q89aAt

www.acib.at

Über acib

Das Austrian Centre of Industrial Biotechnology (acib) entwickelt neue, umweltfreundlichere und ökonomischere Prozesse für die Industrie (Biotech, Chemie, Pharma) und verwendet dafür die Methoden der Natur als Vorbild und Werkzeuge der Natur als Hilfsmittel. Mit Standorten in Graz, Wien, Innsbruck, Tulln, Hamburg, Heidelberg und Bielefeld (D), Pavia (I) und Barcelona (E) ist das acib ein Netzwerk von 120+ internationalen Projektpartnern, darunter BASF, DSM, Sandoz, Boehringer Ingelheim RCV, Jungbunzlauer, voestalpine, VTU Technology oder Clariant. Eigentümer sind die Universitäten Innsbruck und Graz, die TU Graz, die Universität für Bodenkultur Wien sowie Joanneum Research.

Beim acib forschen und arbeiten rund 200 Beschäftigt mit bis zu 30 Jahren Erfahrung in industrieller Biotechnologie an 50+ Forschungsprojekten. Öffentliche Fördermittel (53 % des Budgets) bekommt das acib von der nationalen Forschungsförderung.

Das Kompetenzzentrum acib – Austrian Centre of Industrial Biotechnology – wird im Rahmen von COMET – Competence Centers for Excellent Technologies durch das BMVIT, BMWFW sowie die Länder Steiermark, Wien, Niederösterreich und Tirol gefördert. Das Programm COMET wird durch die FFG abgewickelt.

[Period]


Wolfsburg AG lädt am 19. Februar 2015 zum 2. Pflegekongress zum Thema „Demenz“ ein

Jeder von uns vergisst einmal einen Namen oder ist sich nicht mehr sicher, wo er sein Auto am Vorabend abgestellt hat. Doch wenn sich Vergesslichkeit im Alter häuft und weitere Symptome wie sozialer Rückzug hinzukommen, stellen Ärzte oftmals die Diagnose Demenz. Zum Auftakt ihrer neuen Veranstaltungsreihe „Demenz“ lädt die Wolfsburg AG am 19. Februar 2015 zum 2. Pflegekongress „Demenz – Lebensraumgestaltung und Betreuungskonzepte“ in die Arena der Wolfsburg AG ein. Referenten, darunter auch die bekannte Film- und Buchautorin Sophie Rosentreter, berichten über ihre persönlichen Erfahrungen mit der Krankheit sowie über die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse zu Lebensräumen und zielgruppenorientierten Betreuungskonzepten. Auch die Wirksamkeit nicht-pharmakologischer Maßnahmen bei Menschen mit Demenz wird diskutiert. Anmeldungen sind noch bis zum 6. Februar online möglich unter http://www.plus-raum.de/veranstaltungen/pflegekongress-demenz/anmeldung.

Die Teilnahmegebühr beträgt 110 Euro, Schüler und Studenten zahlen 80 Euro. Weitere Informationen unter 05361.897-4568 oder per Mail an plusraum@wolfsburg-ag.com.

„In Folge der demografischen Entwicklung gehört Demenz zu den größten Herausforderungen unserer Zukunft. Allein in Deutschland gibt es derzeit mehr als eine Million Betroffene. Mit unserer aktuellen Veranstaltungsreihe und dem Pflegekongress wollen wir Menschen für die Thematik sensibilisieren und Betroffene unterstützen“, sagt Kathrin Ebeling, Leiterin GesundheitsWirtschaft der Wolfsburg AG.

Der Kongress richtet sich an Pflegekräfte, pflegende Angehörige, Träger stationärer und ambulanter Pflegeeinrichtungen, Wohnberater, Wohnungsbaugesellschaften sowie Architekten und Handwerk. Zu Beginn der Veranstaltung referiert Prof. Martina Hasseler von der Ostfalia – Hochschule für angewandte Wissenschaften über die Wirksamkeit nicht-pharmakologischer Maßnahmen bei Demenzerkrankungen. Körperliches Training, soziale Beziehungen oder auch die Anpassung des Wohnraums kommen zur Sprache, da sie medikamentöse Behandlungen ersetzen oder ergänzen können.

Im Anschluss an den Vortrag lässt die bekannte Film- und Buchautorin Sophie Rosentreter die Teilnehmer an ihren persönlichen Erfahrungen im Umgang mit ihrer demenzerkrankten Großmutter teilhaben. Rosentreter begleitete ihre Großmutter Ilse viele Jahre und bemerkte, dass Angehörige, Pflegekräfte aber und die Erkrankten selbst mehr Unterstützung im Alltag benötigen. Daher gründete sie 2010 das Unternehmen „Ilses weite Welt GmbH“, um Angehörige und Betreuer zu informieren und Betroffene in ihrer Welt „abzuholen“. Um Letzteres zu erreichen, produziert Rosentreter Filme, die auf plakative, positive Alltagsbilder und Geräusche setzen, um das Erinnerungsvermögen zu aktivieren.

Gegen Mittag steht das Thema „Lebensraumgestaltung“ im Fokus. In drei Fachvorträgen erfahren die Teilnehmer, welchen Einfluss die Gestaltung und Architektur von Räumlichkeiten auf Betroffene haben kann. So wirken sich kleine Gruppengrößen in Pflegeeinrichtungen oder eine anregende und überschaubare Umgebung, die dem gewohnten häuslichen Milieu ähnelt, positiv auf Erkrankte aus. Hierzu zählen auch der Einsatz von Licht, Farbe und Möblierung.

Der Kongressnachmittag thematisiert „Betreuungskonzepte“ und hier im Besonderen die Bedeutung von Wohngemeinschaften. Laut Bettina Tews-Harms, Geschäftsführerin bei Bettina Harms GmbH – Ambulante Krankenpflege, ermöglichen ambulant betreute Wohngemeinschaften Betroffenen eine selbstbestimmte Lebensführung sowie eine individuelle Betreuung und Pflege. Hier können die Bewohner ihre persönlichen Fähigkeiten ins Gemeinschaftsleben einbringen und dadurch an Selbstvertrauen gewinnen.

Zum Abschluss des Pflegekongresses führt das Wolfsburger HolzBankTheater das Stück „Die Demenzpatientin“ erstmalig auf. Es behandelt das häufig konfliktbeladene Verhältnis zwischen professionellen Pflegekräften und den Angehörigen demenziell erkrankter Menschen.

Das Programm finden Sie hier :Programm_Pflegekongress_Demenz – Lebensraumgestaltung und Betreuungskonzepte

________________________________________________

Nicht auf dem Luftweg: Aerogene Übertragung von Ebola ist auch in Zukunft unwahrscheinlich, wenngleich nicht auszuschließen

Bettina Micka | 14. Oktober 2014 | MedScape 21Nov2014

Erst eine Pflegehelferin in Spanien, nun eine Krankenschwester in den USA – trotz Schutzkleidung haben sich die beiden bei der Pflege eines an Ebola erkrankten Patienten mit dem Virus angesteckt [1,2]. Nur eine Sicherheitspanne oder steckt mehr dahinter? Gibt es Grund zur Sorge, dass der Erreger doch aerogen übertragbar ist?


Prof. Dr. Hans-Dieter Klenk

Bei einer aerogenen Übertragung gelangt das Virus durch Inhalation eines Aerosols, also winziger in der Luft verteilter Tröpfchen in den Körper. „Bislang spricht empirisch nichts für eine aerogene Übertragung über weitere Strecken, wie es beispielsweise beim Grippevirus der Fall ist“, sagt Prof. Dr. Hans-Dieter Klenk, Ehemaliger Direktor des Instituts für Virologie an der Universität Marburg.

„Allerdings, wenn man von einem Erkrankten unmittelbar angehustet wird, könnte man sich schon anstecken“, betont der Virologe gegenüber Medscape Deutschland. Dabei werden jedoch größere Tropfen übertragen und das auch nur über eine kurze Entfernung. In diesem Fall würde es sich dann nicht um eine aerogene Übertragung handeln. Laut WHO gibt es jedoch bisher keine Studie, die diesen Übertragungsweg dokumentiert hätte [3].

Sicherheitsprotokolle nicht eingehalten?

Die spanische Pflegehelferin ist der erste bekannte Fall einer Mensch-zu-Mensch-Übertragung außerhalb Afrikas. Sie hatte 2-mal Kontakt mit dem Erkrankten und gab an, bei beiden Gelegenheiten Schutzkleidung getragen zu haben. „Möglicherweise war sie nicht ausreichend geschult im Umgang mit solchen Erkrankten und den Schutzmaßnahmen“, so Klenk. Eventuell sei auch die Ausrüstung nicht optimal gewesen, gibt er zu bedenken. Die größte Gefahr, mit den Körperflüssigkeiten des Erkrankten in Kontakt zu kommen, bestehe beim Auskleiden. Darauf weist der Leiter des Hochsicherheitslabors für Virenforschung an der Universität Marburg, Dr. Markus Eickmann, gegenüber der Baseler Zeitung hin [4].

Die amerikanische Krankenschwester hatte angegeben, sie könne sich nicht an einen Fehler erinnern. CDC-Direktor Dr. Tom Frieden sprach jedoch von einer „Verletzung des Protokolls an einem bestimmten Punkt“. Bei der Untersuchung des Falls werde jetzt besonderes Augenmerk auf die Dialyse und die Intubation des Ebola-Patienten gelegt – beides invasive Prozeduren, bei denen kontaminiertes Material verbreitet werden kann.

„Bislang spricht empirisch nichts für eine aerogene Übertragung über weitere Strecken, wie es beispielsweise beim Grippevirus der Fall ist.“
Prof. Dr. Hans-Dieter Klenk

Die Kontaktpersonen der 2 infizierten Pflegerinnen stehen unter Beobachtung bzw. Quarantäne. Der Hund der spanischen Krankenschwester wurde sicherheitshalber eingeschläfert, da eine Infektion nicht völlig auszuschließen sei. Zwar wurden noch nie Viren in Hunden nachgewiesen oder Erkrankungsfälle bekannt. Jedoch ist aus vorangegangenen Epidemien bereits bekannt, dass Hunde Antikörper gebildet haben, also Kontakt mit dem Virus gehabt haben mussten. Zudem gab es Patienten, die keinen Kontakt zu Infizierten gehabt hatten und sich eventuell über einen streunenden Hund angesteckt hatten [5].

Die Wege des Virus

Die Fälle der beiden infizierten Krankenschwestern sprechen also derzeit nicht gegen die Erkenntnisse, dass das Virus nur über direkten Kontakt mit Körperflüssigkeiten von Infizierten übertragen werden kann. Am meisten infektiös sind Blut, Stuhl und Erbrochenes. Auch in Muttermilch und Urin wurde das Virus nachgewiesen. Speichel und Tränenflüssigkeit könnten ebenfalls ein geringes Risiko darstellen. Aus Schweiß dagegen ist noch nie ein komplettes Virus isoliert worden.

Auch bereits wieder Gesunde können unter Umständen noch infektiös sein: So kann nach Angaben der WHO im Sperma eines rekonvaleszenten Mannes das Virus unter Umständen für mehr als 90 Tage persistieren [3]. Vom eng verwandten Marburg-Virus ist schon seit 1967 bekannt, dass Sperma noch lange infektiös sein kann. Damals hatte ein erkrankter Wissenschaftler nach der Genesung seine Frau auf sexuellem Weg infiziert.

Virus wird von Forschern überwacht

„Bisher deutet nichts darauf hin, dass das Virus seit seiner Entdeckung infektiöser
geworden ist.“ Prof. Dr. Hans-Dieter Klenk

Anders als in verschiedenen Körperflüssigkeiten und Ausscheidungen ist das Virus an der Luft jedoch nicht sehr stabil. Dies ist ein wesentlicher Grund dafür, dass es offenbar nicht aerogen übertragbar ist. Welche molekularen Faktoren dafür verantwortlich sind, ist aber nicht bekannt. Auch wisse man bisher nicht, ob das Ebola-Virus an Rezeptoren des Respirationstraktes binden könne und damit in der Lage sei, Infektionen über die Atemwege zu erzeugen, so Klenk.

Seit seiner Entdeckung werden die genetischen Veränderungen des Virus von Forschern dokumentiert. Rund 300 Mutationen waren zu Beginn des aktuellen Ausbruchs bekannt, ca. 50 weitere wurden in dessen Verlauf bisher beschrieben. Jedoch – ob diese Mutationen eine biologische Bedeutung haben, also zu einer Veränderung der relevanten Viruseigenschaften geführt haben, das ist offen.

Anhand von genetischen Unterschieden lassen sich aber immerhin einzelne Stämme unterscheiden und so beispielsweise klären, ob ein Ausbruch in einer Region mit Fällen in einem anderen Gebiet in Verbindung steht. So konnten Forscher jetzt nachweisen, dass es zwischen dem Ausbruch in Westafrika und dem in der Demokratischen Republik Kongo in Zentralafrika keinen epidemiologischen Zusammenhang gibt. Die Ergebnisse der Studie sind heute im New England Journal of Medicine erschienen [6].

Wie könnte sich das Virus verändern?

„Bisher deutet nichts darauf hin, dass das Virus seit seiner Entdeckung infektiöser geworden ist“, betont Klenk. „Allerdings, ob es immer so bleiben wird, muss man sich fragen. Je länger das Virus in Menschen zirkuliert, desto mehr kann es sich an seinen neuen Wirt anpassen.“

„Es gibt kein Beispiel dafür, dass ein Virus seinen Übertragungsweg so drastisch verändert hätte“, bestätigt auch Prof. Dr. Peter Piot vom der London School of Hygiene & Tropical Medicine auf Science Media Centre [7]. Andere Viren wie HIV, die auf gleiche Weise übertragen werden, hätten Millionen von Menschen passiert ohne  aerogen übertragbar zu werden – obwohl sie stärker mutieren als Ebola, gibt der Mit-Entdecker des Virus zu bedenken.

Allerdings räumt auch Dr. Mike Skinner vom Imperial College London an gleicher Stelle ein: „Ohne Gain-of-Function-Experimente, wie sie kürzlich mit Influenza-Viren durchgeführt wurden, ist es für Virologen unmöglich festzustellen, ob ein Virus überhaupt auf einem neuen Weg übertragen werden könnte und wie wahrscheinlich dies ist.“ Bei Gain-of-Function-Experimenten werden Gene so verändert, dass die Genprodukte eine neue Funktion erhalten, sie beispielsweise an einen Rezeptor binden können, mit dem sie zuvor nicht kompatibel waren.

Einreise-Screening an Flughäfen begonnen

Mittlerweile ist die Zahl der Infizierten auf 8.399 gestiegen, 4.033 Todesfälle wurden bekannt (Stand 8. Oktober 2014) [8]. Die USA und Großbritannien haben jetzt Maßnahmen ergriffen, um mögliche Infizierte schon bei der Einreise zu identifizieren. 5 amerikanische Flughäfen haben ein Screening für ankommende Reisende aus Liberia, Sierra Leone und Guinea eingerichtet: New York, Washington, Chicago, Atlanta und New Jersey [9]. Hier kommen 94% der Reisenden aus den am meisten betroffenen 3 Ländern an.

„Es gibt kein Beispiel dafür,  dass ein Virus seinen Übertragungsweg so drastisch verändert hätte.“  Prof. Dr. Peter Piot

Bei diesen Reisenden wird mit einem kontaktlosen Thermometer die Temperatur gemessen und sie werden zu möglichen Kontakten mit Ebolakranken befragt. Auch auf den 2 großen Londoner Flughäfen und den Eurostar-Bahnhöfen wird mit diesem Verfahren nach Ebola-Verdachtsfällen gescreent [10].

„Bei solchen Maßnahmen ist eine Menge Aktionismus dabei“, kommentiert Klenk. Das Grundproblem bestehe darin, dass die Symptome am Anfang nicht charakteristisch sind. „Ganz sinnlos ist es sicher nicht, aber ich glaube nicht, dass man auf diesem Wege viele Ebola-Infizierte identifizieren wird“, zeigt er sich skeptisch.

Um Ebola vor Ort zu stoppen, läuft jetzt der 70-70-60-Plan der United Nations Mission for Ebola Emergency Response (UNMEER) an. Dies hat die WHO in einer Pressekonferenz heute mitgeteilt. Der Plan umfasst logistische, Therapie- und Hygienemaßnahmen. Die Strategie soll die Grundlagen schaffen, um Regierungen und Organisationen in die Lage zu versetzen, dafür zu sorgen, dass 70% der Toten sicher beerdigt und 70% der Verdachtsfälle isoliert werden können – und dies innerhalb von 60 Tagen.

[ENDE]

_________________________________________

Wie gefährlich ist Biomedizin-Forschung? Experten diskutieren in Hannover “Dual Use Research on Microbes”

Was geschieht, wenn künstlich erzeugte, hochgefährliche Mikroorganismen aus Labors in die Umwelt entweichen? Wenn brisante Forschungsergebnisse in die falschen Hände geraten und dort der Entwicklung von Biowaffen dienen? – Eine hochkarätig besetzte internationale Tagung in Hannover (10.-12.12.2014) diskutiert die Risiken von Forschungsvorhaben mit potenzieller Biogefahr bei “Dual Use Research on Microbes: Biosafety, Biosecurity, Responsibility“.

Besonders seit 2012 zwei Forschergruppen in einem sog. “Gain-of-Function”-Experiment (GOF) eine Variante des Vogelgrippevirus H5N1 erzeugten, der das Potenzial hat, sich von Mensch zu Mensch zu übertragen, ist eine globale Grundsatzdebatte um diese Art der Forschung entbrannt. Zur Frage, ob derlei Experimente gefördert, durchgeführt und ihre Ergebnisse veröffentlicht werden dürfen, gibt es unterschiedliche Positionen. Klare Regeln mit internationaler Gültigkeit existieren bislang nur beschränkt und stoßen durch den rasanten Fortschritt in der Forschung an ihre Grenzen. Auch angesichts der Ebola-Epidemie und des kürzlich in Kraft getretenen Förderstopps für bestimmte GOF-Experimente in den USA erhält die globale Debatte neuen Antrieb. Wie lassen sich also die Freiheit der Wissenschaft, der Wunsch nach uneingeschränkter Kommunikation von Forschungsergebnissen und der Schutz der Bevölkerung vor Risiken vereinbaren?

“Dual Use Research on Microbes: Biosafety, Biosecurity, Responsibility” lautet der Titel des Symposiums vom 10. bis 12. Dezember in Hannover, das hochkarätige internationale Experten aller relevanten Fachgebiete (Wissenschaft, Politik, Recht und Medien) zu einem offenen Dialog zusammenbringt, zum Beispiel:

  • Harvey Fineberg, Präsident des Institute of Medicine (Washington)
  • Simon Wain Hobson, Vorsitzender der Molecular Retrovirology Unit am Virology Department des Institut Pasteur (Paris)
  • Marc Lipsitch, Direktor des Center for Communicable Disease Dynamics der Harvard Medical School (Boston)
  • Silja Vöneky, Mitglied des Deutschen Ethikrats
  • Peter Palese, Vorsitzender des Department of Microbiology der Icahn School of Medicine am Mount Sinai Krankenhaus (New York)
  • Ulrich Sieber, Direktor des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Strafrecht (Freiburg)
  • Yoshihiro Kawaoka, Professor am Department of Pathobiological Sciences der University of Wisconsin (Madison)

Sie diskutieren unterschiedliche Ansätze und Perspektiven, wie sich Forschungsvorhaben mit potenzieller Biogefahr (Dual Use Research of Concern) regulieren lassen könnten. Dabei liegt der Fokus auf künstlich im Labor erzeugten Mikroorganismen. Das Symposium ist eine Kooperation mit der Max-Plack-Gesellschaft.

Die Themen der einzelnen Sessions im Überblick (Programmdetails s.u.):
Session I: Gain of Pathogenicity / Transmissibility Research
Session II: Biosafety, Biosecurity, Risk Communication
Session III: Publication, Regulation, Communication
Session IV: Hard Law, Soft Law, Institutional Responsibility
Session V: Perspectives from Beyond
Session VI: Perspective of Junior Scientists – Brief Statements
Session VII: Ways Ahead

Dual Use Research on Microbes: Biosafety, Biosecurity, Responsibility

10. bis 12. Dezember 2014
Auditorium, Tagungszentrum Schloss Herrenhausen, Hannover

PROGRAMM:

10. Dezember 2014

Welcome Address
Wilhelm Krull, Secretary General, Volkswagen Foundation
Ulrich Sieber, Max Planck Institute, Freiburg

Session I: Gain of Pathogenicity / Transmissibility Research

Harvey Fineberg, Institute of Medicine, Washington: Decisions about Gain-of-function Research: Who Bears the Burden of Proof?
Ron Fouchier, Erasmus University, Rotterdam: Virus Transmission Studies on Respiratory Pathogens
Peter Palese, Icahn School of Medicine at Mount Sinai, New York: Influenza Viruses – Facts, not Fear
Yoshihiro Kawaoka, University of Wisconsin
Simon Wain Hobson, Institut Pasteur, Paris: Problems with Avian Influenza GOF Virology
Adel Mahmoud, Princeton University: Vaccines: How Protection is Elicited?
Marc Lipsitch, Harvard University, Boston: Risks and Benefits of Potential Pandemic Pathogen Creation: How Should we Evaluate them, and What Alternatives Exist?

11. Dezember 2014

Session II: Biosafety, Biosecurity, Risk Communication

Paul J Huntly, Global Leader DNV Biorisk: Biorisks Management – Standards, Risks and Oversight
Peter Clevestig, SIPRI, Stockholm: Effective Biorisk Management for Gain-of-function Experiments
Raymond Zilinskas, Monterey Institute of International Studies: Gain of Function and the Biological and Toxin Weapons Convention

Session III: Publication, Regulation, Communication

Cornelius Schmaltz, European Commission, Directorate General for Research and Innovation: Provisions for Research in the EU Export Control Legislation
Veronique Kiermer, Nature: Considering Publication of Dual Use Research of Concern

Session IV: Hard Law, Soft Law, Institutional Responsibility

Rüdiger Wolfrum, Heidelberg: Why not all Research is Free – Constitutional Limits of Science
Ulrich Sieber, MPI Freiburg: Self-regulation for Dual Use of Research Concern
Silja Vöneky, University of Freiburg: Biosecurity – Freedom and Responsibility of Research
André Knottnerus, Scientific Council for Government Policy, The Hague

12. Dezember 2014

Session V: Perspectives from Beyond

Michael Specter, The New Yorker: Finding the Balance Between Fear and Progress
Volker Stollorz, Cologne, science journalist e.g. Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung: Dilemmas of Dual Use Research Reporting: What’s New and What’s in the Public Interest?
David A. Relman, Stanford School of Medicine: The Moral and Ethical Responsibilities of Life Scientists

Session VI: Perspective of Junior Scientists – Brief Statements

Benjamin G. Hale, University of Glasgow, Centre for Virus Research
Silke Stertz, University of Zurich, Institute of Medical Virology (IMV)

Session VII: Ways Ahead

Peter Palese, Icahn School of Medicine at Mount Sinai, New York
Silja Vöneky, University of Freiburg
Simon Wain Hobson, Institut Pasteur, Paris

Final Remarks
Wilhelm Krull

Weitere Informationen zu der Veranstaltung finden Sie unter http://www.volkswagenstiftung.de/dualuseresearch.

[PERIOD] 

______________________________________________________________________________________

New Rare Disease Pill Will Cost Patients $310,250 A Year

04 Sep 2014

By Jessssica Wilson, BioSpace.com Breaking News Staff
Genzyme Corporation (GENZ) , the Cambridge, Massachusetts-based biopharmaceutical company, owned by French pharmaceutical firm Sanofi S.A. (SNY) , has priced its recently FDA-approved drug, Cerdelga, a pill for the treatment of Gaucher disease, at $310,250 a year, according to the Boston Globe.  The FDA approved Cerdelga on August 19, 2014 after the successful conclusion of Phase III trials. Because Gaucher disease affects about 2,000 people in the U.S. (and fewer than 10,000 people worldwide), the FDA has granted it Orphan Drug status. Due to this status, Genzyme can qualify for tax credits and patent extensions for the drug.Cerdelga, a capsule that some patients with the disease can take twice daily, could replace the more complicated Cerezyme treatment, an enzyme replacement therapy that consists of a two-hour infusion every two weeks, also developed by Genzyme. The Cerezyme treatment currently costs $300,000 annually.“Gaucher is among the rarest of the rare diseases,” Genzyme spokeswoman Lori Gorski was quoted as saying in the Boston Globe article. “The health care system already has been taking care of people with Gaucher disease. This is not a new burden on the system. This gives patients and physicians the ability to choose the therapy that is best for their circumstances without consideration of the price.” She did acknowledge that the actual cost of producing the capsule is less than that of producing Cerezyme due to the different ways they treat the disease. The pricing of Cerdelga, though, takes into consideration costs such as the development of the drug. Genzyme has been researching an oral therapy for the disease for the past 15 years, “from early chemistry and preclinical research through clinical development,” said the company in a press release.The National Institute of Neurological Disorders and Stroke (NINDS), a part of the National Institutes of Health, describes Gaucher disease as, “the most common of the inherited metabolic disorder known as lipid storage diseases.“ NINDS explains further that, “Gaucher disease is caused by a deficiency of the enzyme glucocerebrosidase. Fatty materials can accumulate in the spleen, liver, lungs, bone marrow, and brain.“The key difference between Cerezyme, which is produced via an expensive organic process, and Cerdelga is that Cerezyme is an enzyme replacement therapy that breaks down “fatty deposits that build up in cells and cause a variety of symptoms, [while] Cerdelga inhibits the accumulation of these fatty deposits in the first place,“ according to Dr. Pramod Mistry, MD, PhD, Professor of Medicine and Pediatrics and the Director of National Gaucher Disease Treatment Center at Yale University School of Medicine.Patients with Gaucher disease could end up switching to the more convenient Cerdelga from competing treatments made and marketed by the Irish company Shire PLC and the Israeli company Protalix BioTherapeutics.

[PERIOD]

_________________________________________________________________________________________________

‚Treat first what kills first‘

1,500 international trauma surgeons descended on ECTES and WTC 2014

There is room for worldwide improvement of trauma care, as Congress President Professor Ingo Marzi, Frankfurt/Main (Germany), emphasised.

 article image

Although road traffic deaths – around 1.25 million annually – are declining in countries where the comprehensive care pathway, from pre-hospital through emergency and primary surgical care has been optimised, the logistics, procedures, workflows and resources remain insufficient in many regions.

During our EH interview (see underneath), Professor Luke Leenen, Utrecht (Netherlands), President of the European Society for Trauma and Emergency Surgery (ESTES), elaborated on the significant differences in trauma care within Europe. The European umbrella organisation ESTES brings together 30 national professional associations in trauma care and emergency surgery representing more than 10,000 members.

All diagnostic and therapy measures in trauma care aim at speedy vitalisation and maintenance of functionality. This, according to Pol Rommens, Mainz (Germany), requires the first caregiver to do a primary survey, a quick but nonetheless comprehensive assessment of the trauma pattern. An in-hospital examination, including imaging, is followed by primary life-saving surgical care of the trauma patient. A final care plan can only be designed and implemented after the patient has achieved a certain degree of stability.

At ESTES, Professor Reinhard Hoffmann, Frankfurt/Main (Germany), looked at the principle ‘treat first what kills first’. Hoffmann, Secretary General of the German Trauma Society, confronted the fictional ‘Emergency Room’ image of daily work in a shock room with the reality. No doubt, he conceded, time is of the essence in any medical emergency, but work in a shock room is far from chaotic. To the contrary; headed by a trauma leader, a life support team applies minutely designed and highly standardised procedures. Certified trauma centres comply with the care algorithms defined in the Advanced Trauma Life Support (ATLS) programme, including the so-called ABCDE process, a step-by-step diagnostic assessment, and diagnostic imaging.

However, the actual contents of the initial care procedure implemented in a trauma centre can vary greatly, depending on the available infrastructure and individual hospital environment. In Germany, for example, diagnostic peritoneal lavage has almost entirely been replaced by ultrasound. Today, Focused Abdominal Sonography for Trauma (FAST) is the routine, first-line, diagnostic procedure in almost every shock room. Additionally, in this and other ultrasound procedures the real work horse in any shock room is computed tomography (CT). Almost 75% of all trauma patients undergo a usually contrast-enhanced whole-body CT.

In the past decade the time-to-CT has been reduced from 40 to 20 minutes. In Germany, however, the costs for having both technology and staff on stand-by are neither recorded nor reflected in the diagnosis related groups (DRGs). In 2006, the German Trauma Network (TraumaNetzwerk DGU) was established to counter the reimbursement gap in polytrauma care, the reduction of staff in trauma departments and the care providers’ increasing focus on plannable and thus lucrative care options.

These networks, as Professor Bertil Bouillon, Cologne (Germany), President of the German Trauma Society, explained, managed to secure qualified care of acutely injured patients across the country. Today, the ‘relay’ of the different care systems from the site of the accident to a rehab centre can well be called high-end care, which not merely saves patients’ lives but also ensures the best possible quality of life later on.

According to Bouillon, it is the successful network structure that enables ambulance services, hospitals and rehab centres to provide such high-quality services. Like Professor Marzi before him, and moving beyond any professional turf wars in Germany, Bouillon acknowledged the crucial role of the trauma surgeon. However, despite the many improvements, a European-wide high standard of trauma care remains pie-in-the-sky as long as regions exist where accident victims have to be carried to the next hospital in a donkey cart.

European Hospital News

[Period]

___________________________________________________________________________________________

Trauma care: the alpha and omega in emergency

Recently, ways to improve trauma care, particularly the care of acutely injured victims of traffic accidents, was discussed by international experts gathered at the World Trauma Congress (held in Frankfurt/Main, Germany).

During our EH interview, Professor Luke Leenen, President of the European Society for Trauma and Emergency Surgery (ESTES) and Director of the Trauma Clinic at Medical University Utrecht, provided an insight into innovative approaches and concepts in trauma care.

article imageA CT in emergency rooms optimises the logistics arround the patient

EH: Is computed tomography the modality of choice in primary trauma assessment?
L PH Leenen: ‘Absolutely! However, we have to strike a balance between the quick overall assessment with the help of CT and the primary assessment, because an acutely injured person who might have bleeds has to be treated as quickly as possible. CT might take too much time, particularly if the radiology department is far away. Every individual hospital decides whether a patient undergoes a CT scan, or whether an ultrasound exam will be performed because immediate surgery is required.’

Today, a CT exam takes only a few minutes…
‘The problem is not the CT as such but the transportation of the patient. In general, a trauma patient is taken to the emergency department from where he or she is moved to the CT room in the radiology department. This may take half an hour, even an entire hour – time a severely bleeding patient simply does not have. That means the logistics around the patient should be optimised and, ideally, every emergency department would be equipped with CT; but, even in a facility like ours in Utrecht, this set-up was introduced only a few years ago for a CT scan to be obtained right away from every trauma patient with very low blood pressure.

‘There is an increasing consensus that CT plays a crucial role in primary trauma assessment. According to the German Trauma Register, recovery of trauma patients was much better among those who underwent a CT scan as a first-line measure recovery process, compared to those who did not have a CT.

Optimum care of severely injured people depends, to a high degree, on organisation and workflows. Where is this particularly visible?
‘Today the trend is towards regionalised care of trauma patients to ensure best possible care. Hospitals – along with all players involved when an emergency occurs – are grouped by regions. They jointly decide to which facility an accident victim should be taken and where the quickest care is available. In Germany and the Netherlands, these trauma networks are well established and in Great Britain they are being discussed. It’s important to create these networks because not all acutely injured people need the same degree and type of care. Thus, directly at the accident site, a triage system is applied that helps to categorise the patient, who will then be taken to a hospital providing level 1, 2 or 3 care. Very severely injured patients usually require 24/7 multidisciplinary care, which not every facility can provide. An accident victim with a severe head injury should be taken, as quickly as possible, to a hospital with neuro-surgery expertise and someone suffering several injuries should be treated by several physicians. Each type of injury is covered in such an emergency system.’

Does such cooperation work across borders – say, between the Netherlands and Germany?
‘Yes. The EU co-funded a partnership effort between the border towns of Maastricht and Aachen. An accident victim in the Netherlands may well be taken to a German hospital because it’s closer. The European Society of Trauma & Emergency Surgery (ESTES) has established a committee to promote cross-border cooperation.’

What role do trauma networks play in post-accident surgical care?
‘That will depend, to a large extent, on the future training of surgeons. Until recently, Germany had well-trained trauma surgeons who were called upon for all types of trauma and who provided integrated care. No matter whether the trauma concerned the thorax or abdomen, pelvis or limbs – the trauma surgeon performed the operation.

article imageProf. Luke PH Leenen

‘However, the number of traffic accidents with acutely injured patients has been declining in the past year, creating a problem for trauma surgeons. It may be, for example, that a trauma surgeon has never performed a thorax operation simply because he never had to do it – thus he has neither the experience nor routine. Yet, today a surgeon can no longer be a generalist who performs any kind of operation; so, it’s extremely important to establish trauma centres that provide multidisciplinary care.’

Profile:
Prof. Luke PH Leenen studied medicine at Radboud University in Nijmegen in 1982, earning his PhD in 1985 with neuroanatomical basic research involving electron microscope analysis of the pyramidal tract of the rat.
European Hospital News

[Period]

_____________________________________

Todesursache Informationsdefizit: „Das eHealth-Gesetz rettet Leben“


Dr. Markus Müschenich

Acht Jahre ist es nun her, dass die elektronische Gesundheitskarte (eGK) in Deutschland Einzug halten sollte. Die Modalitäten hatte die Regierung der Selbstverwaltung der Ärzte überlassen. Ein Fehler? Zwar haben mittlerweile fast alle Versicherten eine eGK in der Tasche, doch die geplanten erweiterten eHealth-Anwendungen sind damit nach wie vor nicht möglich. Dass die Regierung nun die Reißleine zieht und die Digitalisierung per Gesetz vorantreiben will, sehen viele Experten der Gesundheitsbranche als einen Schritt in die richtige Richtung. Medscape Deutschland sprach mit Dr. Markus Müschenich, Pädiater und Vorstand des Bundesverbands für Internetmedizin, über eHealth im deutschen Gesundheitssystem.

Medscape Deutschland: Herr Dr. Müschenich, glauben Sie, dass ein Gesetz die offensichtlichen Widerstände in der Selbstverwaltung der Ärzte beseitigen kann?

Dr. Müschenich: Ich bin auf jeden Fall für das Gesetz, denn ohne hat es ja nicht funktioniert. Die Patienten müssen besser versorgt werden, und dafür benötigen wir die Internetmedizin. Dazu muss die Selbstverwaltung zur Not eben auch gezwungen werden.

„Das eHealth-Gesetz muss vor allem regeln, auf welche Art die Anwendungen angemessen vergütet werden.“
Dr. Markus Müschenich

Medscape Deutschland: Was sollte im eHealth-Gesetz stehen?

Dr. Müschenich: Neben der Sicherstellung der Verfügbarkeit der relevanten Informationen, muss es vor allem regeln, auf welche Art die Anwendungen angemessen vergütet werden. Es gibt noch immer keine Abrechungsziffer. Es muss auch klären, wie man mit Verweigerern umgeht und wie das Qualitätsmonitoring und die Versorgungsforschung funktionieren sollen. Und natürlich ist der Datenschutz ein zentraler Aspekt. Kaum zu glauben, hier können wir uns auch an den amerikanischen Regelungen orientieren, an die sich selbst Google mit seinen medizinischen Services hält.

Medscape Deutschland: Warum hat es bisher nicht geklappt, eHealth-Anwendungen in Deutschland zu etablieren?

Dr. Müschenich: Da sind natürlich die bekannten Bedenken bezüglich des Datenschutzes, aber auch die Sorge vor der Ökonomisierung der medizinischen Versorgung. Wenn Daten gesammelt und vernetzt werden, wird das die medizinische Versorgung deutlich verbessern und die Qualität transparenter machen. Nicht jeder will diese Transparenz, und nun werden die negativen Aspekte bemüht. Kommen also nun die Kostenvergleiche und werden dann nur noch preiswerte Therapien erstattet? Wird die digitale Vernetzung  einer unethischen Ökonomisierung Vorschub leisten? Auch hier wird ein eHealth Gesetz Antworten geben müssen.

„Daten sind mittlerweile eine Währung. Sie werden schon lange ungefragt zu Marketingzwecken eingesetzt.“
Dr. Markus Müschenich

Medscape Deutschland: Viele der genannten Bedenken haben ja auch eine starke Berechtigung.

Dr. Müschenich: Wenn Bedenken geäußert werden, müssen diese auch ernst genommen werden. Nehmen wir den Datenschutz. Wir müssen dabei an zwei Arten von Problemen denken: Durch Lecks können sensible Daten in die falschen Hände geraten. Es hat gravierende Folgen, wenn ein schlimmer Befund zum Beispiel von einem potentiellen Arbeitgeber eingesehen wird. Zum anderen sind Daten mittlerweile eine Währung. Jenseits des Gesundheitswesens werden diese schon lange ungefragt zu Marketingzwecken eingesetzt. Allerdings ist das auch eine Folge unseres eigenen Konsumverhaltens. Früher haben wir Hunderte Euro für einen Brockhaus-Band ausgegeben. Heute wollen wir nichts mehr für die Suchergebnisse von Google und Co bezahlen. So verdient eben Google indirekt mit unseren Daten sein Geld.

„In Deutschland sterben wahrscheinlich 80.000 Menschen pro Jahr nur deshalb, weil lebensrettende Informationen zwar grundsätzlich vorhanden, jedoch leider nicht an dem Ort und zu dem Zeitpunkt verfügbar sind, an dem diese dringend benötigt werden.“
Dr. Markus Müschenich

Trotzdem: Der Nutzen überwiegt meines Erachtens das Risiko. In Deutschland sterben wahrscheinlich 80.000 Menschen pro Jahr nur deshalb, weil lebensrettende Informationen zwar grundsätzlich vorhanden, jedoch leider nicht an dem Ort und zu dem Zeitpunkt verfügbar sind, an dem diese dringend benötigt werden. Patienten sterben durch nicht abgestimmte Arzneimitteltherapien, fehlende Informationen zu Allergien und  Unverträglichkeiten, nicht sachgerechte und unnötige Therapien oder schlicht, weil sie nicht erfahren, dass sie sich leider ein Krankenhaus ausgesucht haben, in dem die Komplikationsraten exorbitant hoch sind. Gäbe es eine amtliche Bezeichnung, würde diese lauten: Todesursache Informationsdefizit. Hier kann ein Gesetz sehr konkret helfen, Leben zu retten.

Medscape Deutschland: Kann man tatsächlich die ganze Verantwortung für das bisherige Scheitern der Selbstverwaltung zuschieben?

Dr. Müschenich: Ein großes Problem von eHealth liegt auch in den bisher existierenden Anwendungen. Sie sind offensichtlich nicht gut genug, sonst hätten sie sich durchgesetzt. Wenn von elektronischer Fallakte oder Teleradiologie mit virtuellen Facharzt-Besprechungen oder anderen eHealth-Anwendungen die Rede ist, dann spielt der aktive Patient darin keine Rolle. Er ist kein ernst genommener Akteur. Erst wenn die Vernetzung von den Patienten getrieben wird, die ihre Gesundheit verbessern wollen, wird es funktionieren. Trotzdem bleibt der Arzt mit im Lead, er soll nicht durch das Internet ersetzt werden, es müssen nur beide Hand in Hand gehen.

Um die patientengetriebene Vernetzung zu erreichen und auch Ärzte für die Internetmedizin zu begeistern, haben wir den Bundesverband für Internetmedizin gegründet. Das Konzept kommt an, auf unserer Plattform melden sich immer mehr Kollegen an, aber auch Start-ups, Rechtsanwälte und Manager. Seit Kurzem ist auch der Spitzenverband Fachärzte, der 70.000 Ärzte vertritt, Mitglied.

Medscape Deutschland: Es scheint, als bewegte sich ja langsam auch ohne Gesetz etwas auf dem eHealth-Markt. Sie haben persönlich mit einem Startup deutschlandweit die erste App auf Rezept auf den Weg gebracht hat.

„Erst wenn die Vernetzung von den Patienten getrieben wird, die ihre Gesundheit verbessern wollen, wird es funktionieren.“
Dr. Markus Müschenich

Dr. Müschenich: Das stimmt. Und es zeigt: Mit eHealth kann man Geld verdienen. Anwendungen sind im Kommen. Die Caterna Vision GmbH, die ich als Mitgründer auch berate, bietet eine internetbasierte Amblyopie-Behandlung für Kinder an, die ausschließlich von Augenärzten verordnet werden darf. Die BarmerGEK ist die erste Kasse, die diese vollständig digitale Therapie einschließlich der App im Rahmen eines Versorgungsvertrages bezahlt. Andere Kassen erstatten die Kosten mittlerweile auch auf Einzelantragsbasis. Das wird mehr werden, denn für die Kassen ist es ein perfekter „Selektiv-Vertrag“ mit nationaler Abdeckung. Sie erreichen damit sehr viel mehr Ärzte und Patienten. Das Interesse der Krankenkassen an der Internetmedizin ist entsprechend hoch.

Medscape Deutschland: Angenommen das Gesetz kann es richten. Hat Deutschland überhaupt noch eine Chance, seinen Rückstand in Sachen eHealth im Vergleich zu Ländern wie den USA, Großbritannien, Österreich und Spanien aufzuholen?

Dr. Müschenich: Ich glaube schon, denn die deutschen Gesundheits-Start-ups sind weltweit an der Spitze, selbst im Vergleich zum Silicon Valley in Kalifornien. Ihre Hoffnung basiert sicher auch auf einem vernünftigen Gesetz.

EHealth ist einfach nicht mehr aufzuhalten. Die jüngeren Ärzte im Krankenhaus und in der Niederlassung wollen die Internetmedizin, die Verweigerer werden herausgemendelt. Schließlich hat es auch gedauert, bis alle einen E-Mail-Account hatten. Allerdings muss die Telemedizin-Infrastruktur nun schnell kommen. Bisher sollen mehr als eine Milliarde Euro geflossen sein, um die eGK und die Telematikinfrastruktur auf den Weg zu bringen. Wenn diese nicht bald alltagstauglich wird, werden die Patienten ihre Gesundheitsinformationen stattdessen über Apple, Google oder Facebook vernetzen.

Medscape Deutschland: Herr Dr. Müschenich, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.

Gerda Kneifel | 13. August 2014 |

[PERIOD]

____________________________________________________________________________________________________

Damoklesschwert Regress: Teure HCV-Therapie bringt Ärzte in ethische Zwickmühle

 27. August 2014

Dass dieser Aufschrei nicht lange auf sich warten lassen würde, dafür brauchte es keine hellseherischen Fähigkeiten. Denn die neuen Möglichkeiten zur Behandlung von Patienten mit einer Hepatits-C-Viruserkrankung (HCV) sind kein billiges Geschäft: Zwischen ca. 60.000 und 120.000 Euro kostet die um Sofosbuvir erweiterte Therapie aus Peginterferon und Ribavirin.

Seit einiger Zeit deutete sich an, dass die große Chance besteht, diese heimtückische Erkrankung mit neuen, hochwirksamen Wirkstoffen sogar zu heilen. Nach aktueller Datenlage sind Wirkstoffe wie Sofosbuvir (Sovaldi®) ein wahrer Segen für die Patienten: hohe Wirksamkeit, geringe Nebenwirkungsrate, kürzere Behandlungszeiten, sehr hohe Heilungschancen und damit weniger Leberschädigungen wie Fibrose, Zirrhose oder Leberzellkarzinome.


Dr. Peter Buggisch

Die Datenlage ist inzwischen so überzeugend, dass der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) dem Wirkstoff Sofosbuvir Mitte Juli einen Zusatznutzen gegenüber der Standardtherapie aus Peginterferon und Ribavirin attestierte – allerdings nur für bestimmte Patientengruppen [1].

Ärzte stehen vor einem ethischen Dilemma

„Die Therapie ist ein echter Fortschritt und entsprechend ist natürlich auch die Erwartungshaltung der Patienten“, sagt Dr. Peter Buggisch, Ärztlicher Leiter am Leberzentrum Hamburg. Er bedauert, dass die Kostendiskussion um das neue Präparat auf die Ärzte abgewälzt wird und den Arzt gegenüber seinen Patienten in eine auch ethische Zwickmühle bringt: „Für viele Patienten ist es naturgemäß nicht ganz einleuchtend, warum sie eine vermeintlich deutlich bessere, nebenwirkungsärmere Therapie nicht bekommen sollten“, verdeutlicht er das Dilemma im Gespräch mIt Medscape Deutschland.

Regress wegen Sofosbuvir kann teuer werden

„Die Therapie  ist ein echter Fortschritt und entsprechend ist natürlich auch die Erwartungshaltung der Patienten.“ Der Arzt andererseits muss mit dem Kostendruck zurechtkommen und abwägen, welcher Patient von der neuen Therapieoption besonders profitieren könnte. Er muss entscheiden, welchem Patienten mit der bisherigen, deutlich kostengünstigeren Standardtherapie ebenso geholfen werden kann – trotz aller Nachteile, wie dem im Vergleich deutlich längeren Therapieintervall (12 bis 24 Wochen vs. 72 Wochen) und einer höheren Rate unerwünschter Arzneimittelwirkungen.

Dass manche Therapieentscheidung dann auch von wirtschaftlichen Erwägungen getriggert wird, mag Buggisch nicht abstreiten. Das „Damoklesschwert des Regresses“ würde bei jeder Verordnung über dem Kopf des Arztes schweben. Denn sollte tatsächlich eine Regressforderung auf einen Arzt zukommen, könne die bei den Therapiekosten für Sofosbuvir sehr schnell praxisgefährdende Ausmaße annehmen.

Dabei zeigt Buggisch ein gewisses Verständnis für die finanziellen Nöte der Krankenkassen. Punktuell seien es tatsächlich „enorme Kosten“, die auf die Kassen zukämen, auch wenn deren medialer Aufschrei in seiner Argumentation reichlich eindimensional daherkomme. „Wenn aber mittel- oder langfristig gedacht wird, ist die Therapie sicherlich kosteneffizient und wird letztlich für das gesamte Gesundheitssystem Kosten vermeiden helfen“, ist sich Buggisch sicher.

Bei der bisherigen Therapie auf Basis von Peginterferon und Ribavirin plus fakultativer Gabe der Proteaseinhibitoren Boceprevir und Telaprevir (bei HCV-Patienten des Genotyps 1) ist unter anderem die Abbruchrate der Therapie wegen Unverträglichkeit deutlich erhöht und es gibt mehr Therapieversager, so dass weitere Behandlungskosten auflaufen.

„Für viele  Patienten ist es naturgemäß nicht ganz einleuchtend, warum sie eine vermeintlich  deutlich bessere, nebenwirkungsärmere Therapie nicht bekommen sollten.“

Die Preisgestaltung ist grenzwertig

Auch wenn es gute Argumente für die Kosteneffizienz der Therapie mit Sofosbuvir gibt, hält Buggisch die Preisgestaltung des Herstellerunternehmens Gilead „gefühlt für sehr grenzwertig“. Buggisch: „Man hätte sich gewünscht, dass die Therapiekosten etwas niedriger wären. Dann würde man ohne größere Probleme viel mehr Patienten behandeln können. Man hat ja die wirkliche Chance, in absehbarer Zeit die Hepatitis-C-Erkrankung nahezu beherrschbar zu machen. Das Erreichen dieses Ziels wird durch die finanzielle Situation sehr erschwert.“

Kritik an der Preisgestaltung durch Gilead kam schon Ende 2013 auf. Laut eines Berichts der Online-Ausgabe des Deutschen Ärzteblatts sahen damals schon Kritiker die Ursachen für die hohen Kosten nicht in den hohen Entwicklungskosten, sondern weil HCV als lukratives Geschäftsfeld betrachtet wird [2]. Die Entwicklungen in dem Gebiet treiben allerdings nicht die großen Konzerne voran, sondern kleinere Unternehmen. Dort kaufen sich die Großunternehmen dann teuer ein – so zum Beispiel Gilead.

Das US-amerikanische Unternehmen blätterte 2011 satte 11,2 Milliarden US-Dollar (8,3 Mrd. Euro) auf den Tisch, um das Patent für Sofosbuvir von dem Unternehmen Pharmasset inc. zu kaufen, das den Wirkstoff ursprünglich entwickelt hatte. Deshalb werden nun auch mit Spannung die Preisverhandlungen zwischen Kostenträgern und Gilead beobachtet. Denn an dem Ergebnis werden sich die Kosten für weitere neue HCV-Arzneimittel, die Ende dieses Jahres und im kommenden Jahr vor der Zulassung stehen, orientieren müssen.

„Wenn aber mittel- oder langfristig gedacht wird, ist die Therapie sicherlich kosteneffizient.“ Buggisch gibt sich da allerdings keinen Illusionen hin: „Bei den neuen Präparaten erwarte ich, dass sie in etwa genauso teuer sein werden wie Sofosbuvir jetzt. Die Therapie ist zwar etwas kürzer, so dass es zwar eine gewisse Kostenersparnis gibt, aber die Gesamtkosten werden immer noch in einer Größenordnung sein, mit der wir unser System nahezu überfordern.“

Doch die Therapie spart auch Kosten

Prof. Dr. Jürgen Rockstroh, Oberarzt am Zentrum für Innere Medizin am Universitätsklinikum Bonn und ausgewiesener Fachmann für HIV/HCV-Ko-Infektionen, hatte schon im Mai seine eigene Sicht hinsichtlich der Kostendiskussion gegenüber Medscape Deutschland geäußert: „Bei den Kosten muss immerhin kritisch mitbedacht werden, dass bei den onkologischen Therapien die Kosten deutlich höher liegen, ohne dass sich oft eine Ausheilung wie bei der Hepatitis C erreichen lässt. Oder bei HIV, da behandeln wir lebenslang. Im Fall der HCV-Therapie ist nach zwölf Wochen alles vorbei.“

Weiter gab Rockstroh zu bedenken, dass „der Preis pro Medikament zwar sehr hoch“ sei. „Aber wenn man bedenkt, dass das mit der Heilung der Erkrankung verbunden ist und dass wir natürlich dann eine Riesenabnahme von weiterer Fibrose, Progression und Komplikationen durch ständige Krankenhausaufnahmen, zum Beispiel wegen hepatischer Dekompensation, zu erwarten haben, ergibt sich ein anderes Bild. Da spart man also auch.“

Axel Viola, MedScape

[Period]

___________________________________________________________________________________________________